Bewegungsmerkmale von Nieren mit viszeralen somatischen Dysfunktionen- Sonographische Pilotstudie vor und nach osteopathischer manueller Therapie

Vorstellung der Studie

Bewegungsmerkmale von Nieren mit viszeralen somatischen Dysfunktionen- Sonographische Pilotstudie vor und nach osteopathischer manueller Therapie

von Dr. Rainer Heller

Dr. Rainer Heller ist langjähriger Dozent der DGOM und als Referent der Informations- und Fortbildungsgesellschaft für Zahnheilkunde GmbH
(ZÄT) tätig.
Alle die ihn kennen, werden bemerkt haben, dass Dr. Heller ein konsequenter Wissenschaftler ist, der die hohe Kunst besitzt und stetig verfeinert seine umfangreichen schulmedizinischen Kenntnisse mit seinem nicht minder ausgeprägten osteopathischen Wissen zu kombinieren. Dabei verlässt er in beiden Disziplinen niemals den Weg der Logik, weshalb ich ihn als Vorbild, Lehrer und osteopathischen Kollegen sehr schätze.

In seiner im August 2013 in der Fachzeitschrift „Manuelle Medizin“ publizierten Studie geht Dr. Heller der Frage nach, ob sich im direkten prä-post Vergleich einer osteopathisch manuellen Therapie funktionelle Veränderungen der Nierenmobilität sonographisch darstellen lassen, sofern die Niere im Rahmen der osteopathischen Nomenklatur als höherrangige SD/ primary leason diagnostisch eingestuft wurde.
Als weiteres Kriterium wurde die subjektive Bewertung der klinischen Symptomatik durch die Patienten im prä-post Vergleich erfasst.

In einer präzisen Einführung in das Thema stellt er zunächst den osteopathisch diagnostischen Weg im Allgemeinen dar und leitet dann dazu über, aus welchem Grund sich die Niere für diese Studienvariante anbietet:

1) Aus osteopathischer Sicht ist sie aufgrund ihrer topographischen Lage prädestiniert, eine höherrangige SD darzustellen. Die kurzgefasste anatomische Beschreibung der funktionellen Bezüge ist großartig geschrieben und auf den Punkt gebracht!
2) In Bezug auf die Sonographie ist die Niere ein in mehreren Ausgangsstellungen gut darstellbares Organ, so dass objektive Daten verhältnismäßig leicht erfasst werden können.

In Bezug auf das sonographische Verfahren stellt Dr. Heller heraus, das es:

1) ohne großen Aufwand anwendbar ist und
2) ein optimales diagnostisches Mittel ist, um Daten des Range of Motion (ROM) schnell und objektiv wissenschaftlich zu verwerten. Im Falle dieser Studie im prä-post Vergleich.

In Bezug auf die an der Studie teilnehmenden Patienten legt er zunächst die Rahmenbedingungen fest:

1) Einschlusskriterien
2) Ausschlusskriterien
3) Anamnesestandards
4) Untersuchungsablauf
a) osteopathisch
b) internistisch
c) sonographisch

Als Kontrollgruppe der insgesamt 31 teilnehmenden Patienten wurden 21 der gegenseitigen Nieren definiert.

Im Weiteren wird das sonographische Vorgehen, sowie die osteopathische Herangehensweise definiert.
Um Euer Interesse daran, die Studie zu lesen, nicht zu mindern, werde ich dazu nicht mehr sagen, als dass Dr. Heller in seinem Vorgehen das funktionell-anatomische Setting der Niere in Korrespondenz und Zusammenspiel mit seinen anatomischen Nachbarn komplett abarbeitet. Sein therapeutisches Vorgehen spiegelt seine Gedanken auf Basis der anatomischen Kenntnisse wieder.

Diesem aktiven therapeutischen Teil folgt die Auflistung der gesammelten Daten, unterteilt in:

1) anthropometrische Daten
2) dynamische sonographische Analyse
3) Nierenbeweglichkeit- Mobilität
4) sonographisches Gesamtergebnis
5) klinischer Verlauf

Abschließend wird diskutiert, neben der wissenschaftlich bereits mehrfach belegten Suffizienz von parietaler OMT, nun auch der viszeralen OMT durch weitere Studien dieser Art eine erhöhte Akzeptanz zukommen zu lassen. Dr. Heller hebt hervor, dass die technischen Möglichkeiten der Sonographie, wie in seiner Studie angewandt, in gleicher Weise auf alle parenchymatösen Oberbauchorgane anwendbar ist. Hierdurch ließe sich auf relativ einfachem Wege die Validität des viszeralen Konzepts der osteopathischen Medizin belegen. Im Zusammenhang damit verweist er auf eine weitere Ultraschallstudie, anhand derer die positiven klinischen Effekte von myofaszialem Release auf die Psoasfaszie bei Patienten mit lumbalen Rückenschmerzen erhoben wurden.

Im Zusammenhang mit den wenigen Patienten, bei denen sich die Klinik nach der OMT verschlechterte, konnte Dr. Heller die interessante Beobachtung machen, dass diese Organe im Befund hypermobil erschienen.
Dies lässt Rückschlüsse darauf ziehen, dass im Falle von Hypermobilität die OMT mit Vorsicht zu genießen ist! Auch stellt er zur Diskussion, ob sich diese Fälle von Verschlechterung ggf. auf die Tatsache zurückführen lassen, dass der Therapeut im Rahmen des Kompensationsmusters agiert, anstatt die primäre/ höherrangige SD zu behandeln.
In seiner Beschreibung des Denkmodells von Kompensation, Adaption und Dekompensation lässt sich eine Sympathie für das Konzept der Funktionellen Manuellen Therapie nach Marco Forte erkennen, dessen osteopathisch diagnostische Mittel Dr. Heller im Rahmen seines osteopathischen Befundes im Zusammenhang mit dieser Studie anwendet.

Abschließend hebt Dr. Heller die Attraktivität und Stärke dieser Studie in Bezug auf die dynamische Echtzeitanalyse hervor.

Als limitierende Studienfaktoren benennt er:

1) fehlende Randomisierung und Verblindung
2) Etwaige Einflüsse postoperativer Zustände im Abdomen
3) Nicht exakt reproduzierbare Atemmanöver
4) Nicht exakt reproduzierbare Schallkopfangulation durch den Behandler

Alles in allem eine hochinteressante wissenschaftliche Studie, die belegt, dass unser funktionelles Arbeiten im „hands-on“ einen eindeutig nachweisbaren Effekt im positiven Sinne auf schulmedizinische Parameter der Funktionalität des Organs hat.
Es bleibt zu hoffen, dass dieser Studie viele Weitere folgen werden.

Viel Spaß beim Lesen!

Céline d’Hone

Anmerkung: die Bilder zur Studie sind beim Springer Verlag Manuelle Medizin 2013 · 51:317–324· DOI 10.1007/s00337-013-1040-x
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 (www.ManuelleMedizin.springer.de) einzusehen.

Nierenstudie von Rainer Heller

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